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Schmerzen gehören im Alter dazu, oder nicht? Sieben fundierte Schmerzassessments für die Pflege

Aktualisiert: 21. Juli 2022

Schmerz stellt ein häufiges Problem in der älteren Bevölkerung dar.

In der ambulanten Langzeitpflege (Spitex) gaben in einer Studie knapp 70% (n = 672) der Befragten Schmerzen an (Leiske et al. 2015).

In der stationären Langzeitpflege (Alters- und Pflegeheime) sind es um die 60% der Bewohner*innen (Brunkert et al., 2019).


Der Mythos, dass Schmerzen im Alter einfach dazugehören, äusserten in der OSiA-Studie (Schreier et al. 2015) 68% der kognitiv kompetenten Bewohner*Innen.

Über 40% gaben weiter an, Schmerzen vor der Pflege verschwiegen zu haben, um nicht zur Last zu fallen.


Daher ist für eine gute Schmerztherapie das Erkennen und Bewerten von Schmerzen zentral.

Standardisierte Assessmentinstrumente unterstützen die Pflege dabei.


Assessmentinstrumente


Die Selbsteinschätzung gilt es immer einer Fremdeinschätzung vorzuziehen.

Das wohl bekannteste Instrument ist die NRS Skala.

Sollte damit keine Selbsteinschätzung möglich sein, kann die VRS Skala angewendet werden. Häufig werden in der Schmerzbefragung Aussagen über die Stärke bereits in Worte gefasst.

Eine weitere Möglichkeit zur Schmerzerfassung bietet die VAS Skala. Durch den Schieberegler, der zur Einschätzung übergeben wird, kann die Person manuell auf der Skala den Schmerz einschätzen. Auf der Hinterseite sind dann die Zahlen abgebildet, welche diesen Regler von 0-10 einteilen.

Bei Kindern oder auch bei Personen welche vorherige Assessmentinstrumente nicht funktionieren, könnte das Mittel der Wahl die Face Pain Scale sein. Die überarbeitete Version bietet neben einer genaueren Unterstufung der Gesichter, eine Angleichung mit NRS, indem die Zahlen 0-10 angefügt wurden.


Instrumente zur Fremdeinschätzung

Ist mit keinen der oben beschriebenen Assessmentinstrumenten eine Selbsteinschätzung möglich, wird eine Fremdeinschätzung mittels den Instrumenten BESD, BISAD oder ZOPA durchgeführt.


BESD

Das Instrument Beurteilung von Schmerzen


bei Demenz (BESD) wird international empfohlen für das Schmerzassessment bei Personen mit schwerer Demenz, die nicht in der Lage sind verbal zu kommunizieren, (APS 2005, Hadjistavropoulos et al. 2010, VERENSO 2011 zit. nach Sirsch et al. 2017).


Die PAINAD Scale wurde als BESD Skala für den deutschsprachigen Raum übersetzt und überprüft (Basler et al. 2006, Schuler et al. 2007 zit. nach Sirsch et al. 2017).

In den fünf Kategorien Atmung, Lautäusserung, Gesichtsausdruck, Körpersprache und Trost werden Verhaltensmerkmale eingeschätzt und mit einem Punktwert von 0 bis 2 bewertet. Die Gesamtskalierung reicht von min. 0 bis


max. 10 Punkte. Dieser Punktwert ist nicht gleichbedeutend mit der Schmerzintensität


Die BESD Skala kann hier runtergeladen werden: https://www.oegari.at/web_files/dateiarchiv/editor/besd-skala.pdf


BISAD

Das Beobachtungsinstrument für das Schmerzassessment bei alten Menschen mit Demenz ist die deutsche Weiterentwicklung des ursprünglich französischen Instruments ECPA (Echelle comportemental de la douleur pour personnes âgées non communicantes) (Fischer 2012).


Die Beobachtung erfolgt bei diesem Instrument mittels acht Kategorien in Ruhe und in Bewegungssituationen mit einer möglichen Ausprägung von min. 0 bis max. 32 Punkten. Für die Anwendung von BISAD ist es erforderlich, die Bewohnerin zu kennen, weil auch Verhaltensänderungen einbezogen werden.


Das BISAD Instrument kann hier runtergeladen werden:


ZOPA

Das Zurich Observation Pain Assessment ist ein weiteres deutschsprachiges Instrument zur Schmerzeinschätzung bei Patientinnen mit Beeinträchtigungen des Bewusstseins und der Kognition.

Das Instrument beinhaltet 13 Verhaltensmerkmale, denen die vier Kategorien Lautäusserungen, Gesichtsausdruck, Körpersprache und physiologische Indikatoren zugeordnet sind (DNQP 2020).


Das Instrument ZOPA gibt es im dazugehörigen Praxishandbuch.


Schmerzassessment und dann?

Bei allen Bewohner*innen und Spitexpatient*innen mit bestehenden Schmerzen, einer bekannten Schmerzproblematik oder mit einer bestehender Schmerztherapie soll der Schmerz im Verlauf erfasst werden.

Zudem soll ein erstes Schmerzassessment nach Eintritt erfolgen (Sirsch et al. 2017).


Dokumentation von Schmerzen

In der Pflegedokumentation werden folgende neun Punkte beschrieben, welche in der Verlaufsdokumentation erfasst werden sollen.


Zudem soll bei bestehenden Schmerzen eine entsprechende Pflegediagnosen formuliert werden, wie beispielsweise "akuter Schmerz" oder "chronischer Schmerz". So wird der Schmerz vom ganzen Pflegeteam zielführend behandelt.


Beispiele von Verlaufsberichten


"Bewohner äussert pochende Schmerzen NRS 6 in der linken Knie seit der letzten Nacht. erhält 1g Dafalgan aus der Reserve sowie Coldpack.


"Schmerzen sind nur leicht besser bei NRS 5. Daher 500mg Novalgin aus der Reserve verabreicht. Cold Pack möchte Bewohner später wieder.



Welche Instrumente werden in deiner Institution angewendet?

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Literatur

Brunkert T, Simon M, Ruppen W, Zúñiga F. Pain Management in Nursing Home Residents: Findings from a Pilot Effectiveness-Implementation Study. J Am Geriatr Soc. 2019 Dec;67(12):2574-2580. doi: 10.1111/jgs.16148. Epub 2019 Aug 27. PMID: 31454068.


Deutsches Netzwerk zur Qualitätsentwicklung in der Pflege (2020). Expertenstandard Schmerzmanagement in der Pflege. Osnabrück


Fischer, T. (2012). Multimorbidität im Alter: Schmerzeinschätzung bei Menschen mit schwerer Demenz: Das Beobachtungsinstrument für das Schmerzassessment bei alten Menschen mit schwerer Demenz (BISAD). Bern, Hans Huber Verlag


Leiske, M., Lahmann, N., Lindena, G. et al. Schmerz bei Patienten in der ambulanten Pflege. Schmerz 29, 431–439 (2015). https://doi.org/10.1007/s00482-015-0001-9


Lukas, A., B. Mayer, G. Onder, R. Bernabei & M. D. Denkinger (2015). Schmerztherapie in deutschen Pflegeeinrichtungen im europäischen Vergleich. Ergebnisse der SHELTER-Studie. Der Schmerz, 29(4): 411-421.


Schreier, M. M., U. Stering, S. Pitzer, B. Iglseder & J. Osterbrink (2015). Schmerz und Schmerzerfassung in Altenpflegeheimen: Ergebnisse der OSiA-Studie. Der Schmerz, 29(2): 203-210


Sirsch, E.,  Schuler, M., Fischer, T.,  Gnass, I., Laekeman, M. A., Leonhardt, C., Berkemer, E., Drebenstedt, C., Löseke, E., Schwarzmann, G., Kopke, K. &   Lukas, A. Schmerzassessment bei älteren Menschen in der vollstationären Altenhilfe. Heruntergeladen von https://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/145-001l_S3_Schmerzassessment-bei-aelteren-Menschen_in-der-vollstationaeren_Altenhilfe_2018-02_1_01.pdf am 5.6.22









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