Ein gelungener Start - der erste Arbeitstag
- carolesteiger
- 28. März
- 5 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 30. März
Die Personalfluktuation im Gesundheitswesen, insbesondere in der Pflege, verursacht erhebliche Kosten für Gesundheitsorganisationen und beeinträchtigt die Pflegequalität. Die Fluktuationsrate von Pflege- und Betreuungspersonal lag 2023 in der Schweiz bei 25.3% des Personals (Obsan, 2023). Die Vermeidung von Kündigungen in der Probezeit und in den ersten zwei Jahren ist eines der Ziele einer guten Einarbeitung (Schöffler, 2019).
Bereits erste Arbeitstag ist entscheidend – er prägt die ersten Eindrücke, beeinflusst die Motivation und kann langfristig über die Zufriedenheit und Bindung an das Unternehmen entscheiden (Engelhardt-Pfister, 2025). Gerade in der Spitex, wo Pflegefachpersonen schnell eigenverantwortlich arbeiten müssen, ist eine strukturierte und wertschätzende Einarbeitung von zentraler Bedeutung. Fast alle Organisationen haben definierte Einarbeitungsstrukturen, doch die Frage ist, inwieweit diese auch gelebt werden (Schöffler, 2019). Oft ist die Einarbeitung kürzer als geplant, da aufgrund von Fachkräftemangel oder Krankheitsausfällen die Personen möglichst schnell Einsätze leisten müssen (Engelhardt-Pfister, 2025).

Folgendermassen könnten die ersten Arbeitstage aussehen:
Beispiel: Ein schwieriger Start
David, ein neu eingestellter Pflegefachmann, erhält an seinem ersten Arbeitstag nur eine kurze Einführung in das System. Aufgrund von Personalmangel übernimmt er sehr schnell selber Aufgaben und geht bereits am zweiten Arbeitstag alleine auf Tour. Da er die Klient:innen, das Dokumentationssystem, die Wege und Ortschaften nicht kennt, entstehen Unsicherheiten und Stress. Nach der Tour ist keine Ansprechperson für seine Fragen definiert und es hat niemand Zeit, diese mit ihm zu besprechen. Nach ein paar Wochen steigt sein Stresspegel, und er beginnt, an seiner Entscheidung für diese Anstellung zu zweifeln.
Die Folgen einer mangelhaften Einarbeitung
Eine unzureichende Einarbeitung führt zu Unsicherheiten, Frustration und im schlimmsten Fall zu Fehlern in der Pflege. Fehlen klare Strukturen oder eine feste Ansprechperson, fühlen sich neue Mitarbeitende schnell überfordert. In der Spitex, wo oft allein gearbeitet wird, kann dies besonders belastend sein. Durch die Belastung und Überforderung kommt es zu einer geringeren Arbeitszufriedenheit und einer höheren Fluktuation (Engelhardt-Pfister, 2025). Dies wiederum kann belastend sein für das Team durch häufige Neubesetzungen.
Beispiel: Ein gelungener Start
Lisa, eine erfahrene Pflegefachfrau, beginnt ihren ersten Arbeitstag bei einer Spitex-Organisation. Schon am ersten Morgen wird sie herzlich vom Team empfangen, erhält eine strukturierte Einführung in die Abläufe, ins Dokumentationssystem und in die Werte der Organisation. Sie lernt ihre Vorgesetzten kennen und weiss, wer für welche Themen ihre Ansprechperson ist. Die kommenden Tage begleitet sie eine erfahrene Kollegin auf Tour, wo sie ihrer Erfahrung entsprechend eingearbeitet wird. Durch diese positive Erfahrung fühlt sie sich wertgeschätzt und motiviert, sich rasch in ihre neue Rolle einzufinden. Lisa hat jederzeit die Möglichkeit Unsicherheiten anzusprechen und erhält weiterhin Unterstützung, wenn sie neue Aufgaben übernimmt.
Die Bedeutung einer strukturierten Einarbeitung
Ein gut geplanter Einarbeitungsprozess gibt neuen Mitarbeitenden Sicherheit und Orientierung. Er umfasst fachliche Schulungen, eine Begleitung durch erfahrene Kolleg:innen und eine schrittweise Einführung in Abläufe und das Dokumentationssystem. Neben der fachlichen Kompetenzvermittlung spielt auch die soziale Integration eine entscheidende Rolle – ein gutes Teamklima kann Unsicherheiten abbauen und das Zugehörigkeitsgefühl stärken (Engelhardt-Pfister, 2025).
Planung der Einarbeitung von Mitarbeitenden
Vor dem ersten Arbeitstag: Vorbereitung
Denn die Zufriedenheit der Mitarbeiterin / des Mitarbeiters fängt vor dem Ersten Tag an (Schöffler, 2019). Der erste Eindruck, den die Mitarbeiterin / der Mitarbeiter vor vom Erstkontakt her hat über die Abläufe, die Unternehmens- und Willkommenskultur ist bereits entscheidend über die Motivation und Identifikation der Mitarbeiterin / des Mitarbeiters (Schöffler, 2019).
Hierzu könnten folgende Vorbereitungsmassnahmen unterstützend sein:
Klare Struktur
Erstellung eines Einarbeitungsplans mit festgelegten Stationen und Ansprechpersonen.
Arbeitsmaterialien und kleines Geschenk bereitstellen
Tablet / Handy, Schlüssel, Dienstkleidung, Rucksack / Tasche und relevante Dokumente (z. B. Arbeitsvertrag, Leitfäden). Ein kleines Geschenk deutet an, dass man sich als Team auf die Mitarbeiterin/ den Mitarbeiter und die künftige Zusammenarbeit freut (Engelhardt-Pfister, 2025).
Kommunikation im Team
Das Team sollte über die neue Mitarbeiterin / den neuen Mitarbeiter informiert sein, damit eine wertschätzende Aufnahme erfolgen kann (Schöffler, 2019).
Zuweisung einer Ansprechperson/ Mentor:in
Ab dem Erstkontakt im Bewerbungsverfahren sollte eine Ansprechperson definiert sein. Ab dem ersten Arbeitstag sollte ebenfalls eine erfahrene Pflegefachperson oder die/ der direkte Vorgesetze als feste Bezugsperson gelten (Engelhardt-Pfister, 2025).
Am ersten Arbeitstag: Inhalte und Schwerpunkte
Der erste Arbeitstag bleibt den meisten Personen sehr lange im Gedächtnis. Deshalb ist es entscheidend, den guten Eindruck vom Bewerbungsprozess weiterführen zu können. Der erste Arbeitstag sollte nicht um 7.00 mit der Frühschicht beginnen. Um diese Zeit ist meist auf dem Stützpunkt genügend Unruhe (Schöffler, 2019).
Begrüssung und Einführung
Vorstellung im Team und kurze Einführung in die Unternehmenskultur
Erklärung der wichtigsten Werte und Leitlinien der Organisation
Administrative Einführung
Übergabe von Arbeitsmaterialien
Erklärung von Arbeitszeiten, Pausenregelungen und wichtigen Anlaufstellen (z. B. Personalabteilung, Einsatzleitung). Am besten in einer übersichtlichen Mappe vorbereitet, damit sich die Person am ersten Arbeitstag nicht alles merken muss (Engelhardt-Pfister, 2025).
Technische und organisatorische Einweisung
Einführung in die Pflegedokumentation und EDV-Systeme
Übersicht über die wichtigsten Prozesse (z. B. Medikationsmanagement, Notfallabläufe, Hygienevorschriften)
Begleitete Einsätze (evtl. auch erst am 2. Tag)
Erste gemeinsame Tour mit einer erfahrenen Pflegefachperson
Vorstellung bei Klient:innen und Erklärung der spezifischen Pflegeabläufe
Erste eigene Aufgaben unter Anleitung und Begleitung übernehmen
Feedback und Reflexion
Kurzes Abschlussgespräch am Ende des Tages mit Raum für Fragen
Erste Eindrücke und Herausforderungen besprechen
Planung für die kommenden Tage abstimmen (Schöffler, 2019)
Nach den ersten Tagen: Nachhaltige Integration
Die Zeit der Einführung dauert meist über mehrere Wochen. Optimalerweise endet sie nach Ende der Probezeit. Entsprechend sind bis dahin mehrere Gespräche zu planen (Engelhardt-Pfister, 2025).
Regelmässige Feedbackgespräche
Engmaschige Begleitung in den ersten Wochen, um Unsicherheiten frühzeitig aufzufangen und die Einarbeitung individuell anzupassen. In der ersten Arbeitswoche engmaschiger, nachher alle 4-6 Wochen. Probezeitgespräch mindestens 10 Tage vor Ablauf der Probezeit.
Schrittweise Übertragung von Verantwortung
Aufgaben je nach Vorwissen und Erfahrung übertragen
Mentoring und kollegiale Unterstützung fördern
Austausch mit anderen neuen und erfahrenden Mitarbeitenden etablieren. Die Unternehmenskultur sollte es fördern, dass Unsicherheiten und Überforderung besprochen werden können (Schöffler, 2019).
Schlussfolgerung
Investition in eine gelungene Einarbeitung lohnt sich
Eine strukturierte Einarbeitung ist kein Luxus, sondern eine essenzielle Investition in die Qualität der Pflege und die Zufriedenheit der Mitarbeitenden und Kund:innen. Durch den vorherrschenden Fachkräftemangel ist es umso entscheidender, dass die Einarbeitung einen besonderen Stellenwert in einem Unternehmen einnimmt, um die Mitarbeitenden im Beruf zu erhalten (Engelhardt-Pfister, 2025; Schöffler, 2019). Eine gute Einarbeitung führt zu einem langfristigen Erfolg, indem langfristige, motivierte, kompetente Mitarbeitende geschaffen werden (Engelhardt-Pfister, 2025; Schöffler, 2019).
Spitex-Organisationen sollten darauf achten, neue Mitarbeitende gezielt einzuarbeiten, ein Mentoring-System einzuführen und regelmässige Feedbackgespräche zu ermöglichen.
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Carole Steiger
Pflegeexpertin MScN
Better Nursing GmbH
Literatur
Engelhardt-Pfister, S. (2025). Neue Mitarbeiter erfolgreich einarbeiten. Kohlhammer Verlag.
Klauber, J. (with Wasem, J., Beivers, A., & Mostert, C.). (2021). Krankenhaus-Report 2021: Versorgungsketten - der Patient Im Mittelpunkt. Springer Berlin / Heidelberg.
Obsan. (2023). Fluktuationsrate. https://ind.obsan.admin.ch/indicator/pflemo/fluktuationsrate
Schöffler, M. (2019). Wie aus Bewerbern Mitarbeiter werden: Vom Erstkontakt zur Einarbeitung: Pflege-Personal finden und binden. Schlütersche.
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